§ 154
Eigentumsrechtliche Entflechtung von Übertragungsnetzbetreibern
📝 Zusammenfassung
Der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) muss Eigentümer des Netzes sein und darf nicht gleichzeitig die Kontrolle über ein Unternehmen haben, das Strom erzeugt oder liefert.
Wichtige Details
1. Eigentumsregel – Der ÜNB muss der Eigentümer des Übertragungsnetzes sein.
2. Verbot der doppelten Kontrolle – Eine Person darf nicht gleichzeitig:
* direkt oder indirekt die Kontrolle über ein Erzeugungs‑/Lieferungsunternehmen und einen ÜNB ausüben oder Rechte an beiden besitzen;
* die Kontrolle über einen ÜNB und ein Erzeugungs‑/Lieferungsunternehmen (oder Rechte daran) gleichzeitig ausüben;
* Mitglieder des Aufsichtsrates oder der gesetzlich vertretenen Organe eines ÜNB bestellen und gleichzeitig die Kontrolle über ein Erzeugungs‑/Lieferungsunternehmen ausüben;
* Mitglied des Aufsichtsrates bzw. der gesetzlich vertretenen Organe sowohl eines Erzeugungs‑/Lieferungsunternehmens als auch eines ÜNB sein.
3. Umfang der verbotenen Rechte – Dazu zählen insbesondere:
* Ausübung von Stimmrechten;
* Bestellung von Aufsichtsrats‑/Vertretungsorganmitgliedern;
* Halten einer Mehrheitsbeteiligung.
4. Gemeinschaftsunternehmen‑Ausnahme – Die Eigentumsregel gilt als erfüllt, wenn zwei oder mehr Netzbesitzer ein gemeinsames Unternehmen gründen, das in mindestens zwei Mitgliedstaaten als ÜNB für die betreffenden Netze tätig ist. Andere Unternehmen dürfen nur dabei sein, wenn sie gemäß § 155 als unabhängiger Netzbetreiber oder gemäß § 158 als unabhängiger ÜNB zertifiziert wurden.
5. Öffentliche Stelle – Wenn die betreffende Person ein Mitgliedstaat oder eine andere öffentliche Stelle ist, gelten die beiden Kontrollen (über einen ÜNB und über ein Erzeugungs‑/Lieferungsunternehmen) als getrennte öffentlich‑rechtliche Stellen und nicht als eine Person.
6. Gasunternehmen – Die Verbotsklauseln (Abs. 2 Z 1 und 2) gelten ebenfalls für Erdgasunternehmen im Sinne von § 7 Abs. 1 Z 16 GWG 2011.
7. Vertraulichkeit – Persönliche und wirtschaftlich sensible Informationen, die ein ÜNB im Rahmen einer vertikal integrierten Elektrizitätsgesellschaft besaß, dürfen nicht an Erzeugungs‑/Lieferungsunternehmen weitergegeben werden. § 152 bleibt hiervon unberührt.
Ausnahmen/Besonderheiten
- Gemeinschaftsunternehmen‑Ausnahme (Abs. 4).
- Öffentliche Stelle‑Ausnahme (Abs. 5).
- Gasunternehmen‑Einbeziehung (Abs. 6).
- Vertraulichkeitsregel (Abs. 7).
Querverweise
- § 155 (Zertifizierung als unabhängiger Netzbetreiber).
- § 158 (Zertifizierung als unabhängiger ÜNB).
- § 152 (Vertraulichkeitsbestimmungen).
- § 7 Abs. 1 Z 16 GWG 2011 (Definition von Erdgasunternehmen).
Unklarheiten
Die Formulierung „Rechte an einem Übertragungsnetzbetreiber“ könnte mehrdeutig sein, ob sie sich ausschließlich auf Stimmrechte oder auch auf andere Rechte wie z. B. Nutzungsrechte bezieht.
📜 Gesetzestext
(1) Der Übertragungsnetzbetreiber muss Eigentümer des Übertragungsnetzes sein.
(2) Ein und dieselbe Person ist nicht berechtigt,
- direkt oder indirekt die Kontrolle über ein Unternehmen auszuüben, das eine der Funktionen Erzeugung oder Lieferung wahrnimmt, und direkt oder indirekt die Kontrolle über einen Übertragungsnetzbetreiber auszuüben oder Rechte an einem Übertragungsnetzbetreiber auszuüben;
- direkt oder indirekt die Kontrolle über einen Übertragungsnetzbetreiber auszuüben und direkt oder indirekt die Kontrolle über ein Unternehmen auszuüben, das eine der Funktionen Erzeugung oder Lieferung wahrnimmt, oder Rechte an einem Unternehmen, das eine dieser Funktionen wahrnimmt, auszuüben;
- Mitglieder des Aufsichtsrates oder der zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe eines Übertragungsnetzbetreibers zu bestellen und direkt oder indirekt die Kontrolle über ein Unternehmen auszuüben, das eine der Funktionen Erzeugung oder Lieferung wahrnimmt, oder Rechte an einem Unternehmen, das eine dieser Funktionen wahrnimmt, auszuüben;
- Mitglied des Aufsichtsrates oder der zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe sowohl eines Unternehmens, das eine der Funktionen Erzeugung oder Lieferung wahrnimmt, als auch eines Übertragungsnetzbetreibers oder eines Übertragungsnetzes zu sein.
(3) Die in Abs. 2 genannten Rechte schließen insbesondere Folgendes ein:
- die Befugnis zur Ausübung von Stimmrechten;
- die Befugnis, Mitglieder des Aufsichtsrates oder der zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe zu bestellen;
- das Halten einer Mehrheitsbeteiligung.
(4) Die Verpflichtung des Abs. 1 gilt als erfüllt, wenn zwei oder mehr Unternehmen, die Eigentümer
von Übertragungsnetzen sind, ein Gemeinschaftsunternehmen gründen, das in zwei oder mehr
Mitgliedstaaten als Übertragungsnetzbetreiber für die betreffenden Übertragungsnetze tätig ist. Kein
anderes Unternehmen darf Teil des Gemeinschaftsunternehmens sein, es sei denn, es wurde gemäß § 155
als unabhängiger Netzbetreiber oder gemäß § 158 als unabhängiger Übertragungsnetzbetreiber
zertifiziert.
(5) Handelt es sich bei der in Abs. 2 genannten Person um den Mitgliedstaat oder eine andere
öffentliche Stelle, so gelten zwei voneinander getrennte öffentlich-rechtliche Stellen, die einerseits die
Kontrolle über einen Übertragungsnetzbetreiber und andererseits über ein Unternehmen, das eine der
Funktionen Erzeugung oder Lieferung wahrnimmt, ausüben, nicht als ein und dieselbe Person.
(6) Abs. 2 Z 1 und 2 umfassen auch Erdgasunternehmen im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 16 GWG 2011.
(7) Personal und wirtschaftlich sensible Informationen, über die ein Übertragungsnetzbetreiber
verfügt, der Teil eines vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmens war, dürfen nicht an Unternehmen
weitergegeben werden, die eine der Funktionen Erzeugung oder Lieferung wahrnehmen. § 152 bleibt
davon unberührt.