§ 169
Überwachungsaufgaben
📝 Zusammenfassung
Die Regulierungsbehörde hat die Aufgabe, den österreichischen Elektrizitätsmarkt kontinuierlich zu überwachen. Sie prüft dabei die Versorgungssicherheit, den Ausbau von Smart Grids, Markttransparenz, Wettbewerb, Endkundenschutz, Vertragspraktiken, Servicequalität, Einhaltung von EU‑ und nationalen Vorgaben sowie weitere technische und organisatorische Aspekte.
Wichtige Details
-
Überwachungsgegenstände
- Versorgungssicherheit (Zuverlässigkeit, Qualität des Netzes, kommerzielle Qualität der Netzdienstleistungen).
- Ausbau von Smart Grids, Energieeffizienz und Einbindung erneuerbarer Energien.
- Markttransparenz, insbesondere Großhandelspreise.
- Marktöffnung, Wettbewerbsumfang und mögliche Verzerrungen.
- Qualität der Dienstleistungserbringung und Schutz der Endkunden, inkl. Energiearmut.
- Restriktive Vertragspraktiken (Exklusivitätsbestimmungen).
- Dauer und Qualität von Neuanschluss‑, Wartungs‑ und Reparaturdiensten.
- Einhaltung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Netzbetreiber, der zentralen Vergabeplattform ENTSO (Strom) und der EU‑Verordnung 2019/943 sowie anderer EU‑Bestimmungen.
- Investitionen in Erzeugungs‑ und Speicherkapazitäten.
- Hindernisse für Eigenverbrauch, erneuerbare‑Energie‑Gemeinschaften, Bürgerenergiegemeinschaften.
- Durchführung von Lenkungsmaßnahmen (§ 14 EnLG 2012).
- Engpassmanagement (§ 140 Abs. 1) und Verwendung der Engpasserlöse.
- Technische Zusammenarbeit zwischen inländischen und EU‑ bzw. Drittstaaten‑Netzbetreibern.
- Regelreservemarkt, Ausgleichsenergiesystem, Anschluss neuer Betriebsmittel (§ 98) und Datenverwaltung der Netzbetreiber (§ 17). -
Datenerhebung
- Die Regulierungsbehörde kann per Verordnung festlegen, welche Daten, in welchem Format, mit welcher Frequenz und von wem erhoben werden.
- Erhebungsinhalte umfassen u. a. Neuanschlüsse, Wartungs‑ und Reparaturdienste, Versorgungsunterbrechungen, Netzanschluss‑ und Netzzugangsbegehren, Ausbauintelligenter Netze, Lieferantenwechsel, Abschaltraten, Beschwerden, Energiepreise, Kapazitätsausschreibungen, Regelreserve‑Gebote, etc.
- Daten müssen von Netzbetreibern, Verteilernetzbetreibern, Lieferanten, Regelzonenführern und Personen, die Ausgleichsenergie beschaffen, bereitgestellt werden. -
Durchsetzungsbefugnisse
- Bei Weigerung zur Datenmeldung kann die Regulierungsbehörde die Meldung per Bescheid anordnen.
- Die Behörde kann die Datenverarbeitung und -aufbewahrung für Stromhändler (5 Jahre) regeln und die Aufbewahrungspflicht mit Verordnung festlegen. -
Berichtspflichten
- Ein Bericht über den Ausbau von intelligenten Netzen ist spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes und danach alle zwei Jahre zu veröffentlichen.
- Jährlich werden Empfehlungen zur Übereinstimmung von Standardprodukten der Lieferanten mit § 5 Abs. 1 Z 1 und 5 veröffentlicht und ggf. an die Bundeswettbewerbsbehörde weitergeleitet. -
Zusammenarbeit mit Landesregierungen
- Auf Verlangen kann die Regulierungsbehörde Landesregierungen Zugang zu bundeslandspezifischen Daten gewähren.
- Landesregierungen überwachen die Einhaltung der Konzessionsvoraussetzungen durch Verteilernetzbetreiber im jeweiligen Bundesland und berichten bei Bedarf an die Regulierungsbehörde.
Ausnahmen/Besonderheiten
- Die Regelungen gelten für alle Marktteilnehmer, die im Elektrizitätsmarkt tätig sind; Ausnahmen sind nicht ausdrücklich genannt, jedoch können spezifische Ausnahmeregelungen in den jeweiligen Verordnungen festgelegt werden.
- Der Paragraph verweist auf § 14 EnLG 2012 (Lenkungsmaßnahmen), § 140 Abs. 1 (Engpassmanagement), § 98 (Anschluss neuer Betriebsmittel) und § 17 (Datenverwaltung).
- Die Formulierung zu den Verpflichtungen der Stromhändler ist unvollständig („…der Bundeswettbewerbsbehör…“), daher ist die genaue Auslegung nicht eindeutig.
Ehrlichkeit
Einige Formulierungen, insbesondere der letzte Satz zu den Stromhändlern, sind unvollständig. Die genaue Auslegung dieser Punkte muss aus ergänzenden Verordnungen oder aus der Praxis abgeleitet werden.
📜 Gesetzestext
(1) Die Regulierungsbehörde hat im Rahmen ihrer den Elektrizitätsmarkt betreffenden
Überwachungsfunktion insbesondere Folgendes laufend zu beobachten:
- die Versorgungssicherheit in Bezug auf Zuverlässigkeit und Qualität des Netzes sowie die kommerzielle Qualität der Netzdienstleistungen und die Wirksamkeit der einschlägigen Bestimmungen;
- die Leistung und die Fortschritte der Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber beim Ausbau eines Smart Grids, das Energieeffizienz und die Einbindung von Energie aus erneuerbaren Quellen ermöglicht;
- den Grad der Transparenz am Elektrizitätsmarkt unter besonderer Berücksichtigung der Großhandelspreise;
- den Grad und die Wirksamkeit der Marktöffnung und den Umfang des Wettbewerbs auf Großhandelsebene und Endkundenebene einschließlich etwaiger Wettbewerbsverzerrungen oder -beschränkungen;
- den Grad und die Wirksamkeit der Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der Dienstleistungserbringung und des Schutzes der Endkundinnen und Endkunden, insbesondere der Maßnahmen für schutzbedürftige Endkundinnen und Endkunden einschließlich der Berücksichtigung der Energiearmut;
- etwaige restriktive Vertragspraktiken einschließlich Exklusivitätsbestimmungen, die Kundinnen und Kunden daran hindern können, gleichzeitig mit mehreren Lieferanten Verträge zu schließen, oder ihre Möglichkeiten dazu beschränken;
- die Dauer und Qualität der von Übertragungs- und Verteilernetzbetreibern vorgenommenen Neuanschluss-, Wartungs- und sonstigen Reparaturdienste;
- die Einhaltung der Vorschriften betreffend die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Übertragungsnetzbetreiber, Verteilernetzbetreiber, übriger Elektrizitätsunternehmen und anderer Marktteilnehmer sowie der zentralen Vergabeplattform, ENTSO (Strom) und EU-VNBO gemäß der Verordnung (EU) 2019/943, der auf Basis der Verordnung verabschiedeten Netzkodizes und Leitlinien und anderen einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmungen, auch bei länderübergreifenden Aspekten sowie ob die betroffenen Marktteilnehmer Entscheidungen der Agentur Folge leisten;
- die Investitionen in die Erzeugungs- und Speicherkapazitäten mit Blick auf die Versorgungssicherheit;
- potenzielle Hindernisse und Einschränkungen betreffend Eigenverbrauch, Erneuerbare-Energie- Gemeinschaften, Bürgerenergiegemeinschaften und gemeinsame Energienutzung;
- die Durchführung von Lenkungsmaßnahmen im Sinne des § 14 EnLG 2012;
- das Engpassmanagement gemäß § 140 Abs. 1 und die Verwendung der Engpasserlöse,
- die technische Zusammenarbeit zwischen Übertragungsnetzbetreibern mit Sitz im Inland und Übertragungsnetzbetreibern mit Sitz in der Europäischen Union bzw. in Drittstaaten;
- den Regelreservemarkt und das Ausgleichsenergiesystem;
- den Anschluss neuer Betriebsmittel gemäß § 98;
- die Datenverwaltung der Netzbetreiber gemäß § 17.
(2) Die Regulierungsbehörde ist ermächtigt, zur Wahrnehmung ihrer in Abs. 1 genannten Aufgaben
Erhebungsinhalte, -maße, -einheiten und -merkmale, Merkmalsausprägung, Datenformat, Häufigkeit,
Zeitabstände und Verfahren der laufenden Datenerhebung sowie die Bestimmung des meldepflichtigen
Personenkreises durch Verordnung näher zu regeln. Die Verordnung hat hierbei insbesondere die
Erhebung folgender Daten zu bestimmen:
- von Netzbetreibern: Zahl der Neuanschlüsse inklusive jeweils hiefür benötigter Zeit; durchgeführte Wartungs- und Reparaturdienste inklusive jeweils hiefür eingehobener Gebühren und benötigter Zeit; Anzahl der geplanten und ungeplanten Versorgungsunterbrechungen inklusive Anzahl der davon betroffenen Endkundinnen und Endkunden, Leistung, Dauer der Versorgungsunterbrechungen, Ursache und betroffene Spannungsebenen; Merkmale der Spannung in öffentlichen Elektrizitätsversorgungsnetzen; Anzahl der Netzanschluss- und Netzzugangsbegehren sowie deren durchschnittliche Bearbeitungsdauer, den Ausbau intelligenter Netze;
- von Verteilernetzbetreibern: Anzahl der Lieferantenwechsel sowie gewechselte Mengen (kWh), jeweils getrennt nach Netzebenen und Lieferanten; Abschaltraten, unter gesonderter Ausweisung von Abschaltungen bei Aussetzung bzw. Vertragsauflösung wegen Verletzung vertraglicher Pflichten; Zahl der Neuanmeldungen und Neuabmeldungen; Anzahl der eingesetzten Vorauszahlungszähler; durchgeführte Anzahl der eingeleiteten Wechsel, die dem Netzbetreiber bekannt gemacht wurden, inklusive Anzahl der nicht erfolgreich abgeschlossenen Wechsel; Anzahl der Wiederaufnahmen der Belieferung nach Unterbrechung aufgrund von Zahlungsverzug; Zahl der Endabrechnungen und Anteil der Rechnungen, die später als sechs Wochen nach Beendigung des Vertrages ausgesandt wurden; Anzahl der Beschwerden und Anfragen von Endkundinnen und Endkunden samt Gegenstand (zB Rechnung und Rechnungshöhe oder Zähler, Ablesung und Verbrauchsermittlung) sowie die durchschnittliche Bearbeitungsdauer der Beschwerden; für Stromerzeugungsanlagen verrechnete Netzanschlussentgelte, gegliedert nach Energieträgern;
- von Lieferanten: Verrechnete Energiepreise in Cent pro kWh je definierter Kundengruppe; Verhältnis zwischen Großhandels- und Haushaltskundenpreisen, Anzahl der Lieferantenwechsel sowie gewechselte Mengen (kWh), jeweils getrennt nach Kundengruppen; Anzahl der Lieferverträge mit dynamischen Energiepreisen; Anzahl der Lieferverträge mit festen Energiepreisen; Anzahl der befristeten Lieferverträge; Anzahl der unbefristeten Lieferverträge; Anzahl der eingegangenen Beschwerden samt Beschwerdegründen; Anzahl der versorgten Endkundinnen und Endkunden samt Abgabemenge je definierter Kundengruppe;
- von Regelzonenführern: Daten zu Ausschreibungen grenzüberschreitender Kapazitäten, insbesondere angebotene und vergebene sowie von Marktteilnehmern als Fahrplan angemeldete Kapazitäten für Jahres-, Monats- und Tagesvergaben, tatsächliche physische Leitungsflüsse, Sicherheitsmargen bei Kapazitätsberechnungen, Informationen über Reduktionen bereits vergebener Kapazitäten;
- von den jeweils die Ausschreibung im Zusammenhang mit dem Bezug von Ausgleichsenergie
(d.h. Primär-, Sekundär- und Tertiärregelreserve, ungewollten Austausch) vornehmenden
Personen: Je Gebot angegebener Leistungspreis (Euro pro MW), Arbeitspreis (Euro pro MWh),
angebotene Leistung (MW), Erteilung des Zuschlags und Regelzonenanbindung.
(3) Weigert sich ein Meldepflichtiger Daten, die die Regulierungsbehörde zur Erfüllung ihrer
Aufgaben gemäß Abs. 1, 2 und 4 benötigt, zu melden, kann die Regulierungsbehörde die Meldung der
Daten mit Bescheid anordnen.
(4) Die Regulierungsbehörde hat im Rahmen der Überwachungstätigkeit gemäß Abs. 1 Z 2
spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes, danach alle zwei Jahre, einen Bericht,
einschließlich Empfehlungen für Verbesserungen, über den Ausbau von intelligenten Netzen zu
veröffentlichen.
(5) Die Regulierungsbehörde hat einmal jährlich Empfehlungen zur Übereinstimmung der von den
Lieferanten angebotenen Standardprodukten mit § 5 Abs. 1 Z 1 und 5 zu veröffentlichen und sie
erforderlichenfalls an die Bundeswettbewerbsbehörde weiterzuleiten.
(6) Auf Verlangen hat die Regulierungsbehörde der jeweiligen Landesregierung Zugang zu den
bundeslandspezifischen Daten gemäß Abs. 2 einzuräumen. Die Landesregierung kann von der
Regulierungsbehörde jederzeit Erkenntnisse aus den Überwachungsaufgaben der Regulierungsbehörde
gemäß Abs. 1 hinsichtlich jener Netzbetreiber, deren Konzessionsgebiet sich auf das Bundesland
erstreckt, verlangen.
(7)
(Grundsatzbestimmung)
Die
Landesregierung
überwacht
die
Einhaltung
der
Konzessionsvoraussetzungen durch die Verteilernetzbetreiber, deren Konzessionsgebiet sich im
Bundesland befindet. Auf Verlangen berichtet sie der Regulierungsbehörde über die Einhaltung dieser
Voraussetzungen.
(8) Stromhändler sind verpflichtet,
- durch die Regulierungsbehörde mit Verordnung näher zu regelnde Transaktionsdaten über Transaktionen mit anderen Stromhändlern und Übertragungsnetzbetreibern für eine Dauer von fünf Jahren aufzubewahren und
- der Regulierungsbehörde, der Bundeswettbewerbsbehörde sowie der Europäischen Kommission zur Erfüllung ihrer Aufgaben bei Bedarf jederzeit Transaktionsdaten in einer von der Regulierungsbehörde vorgegebenen Form zur Verfügung zu stellen. Die Verordnung hat hierbei jedenfalls die Aufbewahrung und Übermittlung folgender Daten zu bestimmen: Merkmale und Produktspezifikationen für jede finanzielle und physische Transaktion, insbesondere Zeitpunkt des Abschlusses der Transaktion, Vertragsdauer, Strombörse oder anderer Handelsplatz, an dem die Transaktion getätigt wurde, erstmaliger Lieferzeitpunkt, Identität von Käufer und Verkäufer, Transaktionsmenge und -preis bzw. Preisanpassungsklauseln.
(9) Unbeschadet der Vorgaben der DSGVO, ist die Regulierungsbehörde ermächtigt, die von den
Meldepflichtigen für die Erfüllung der Aufgaben gemäß Abs. 1, 2 und 4 erhobenen Daten auch für
weitere Befugnisse und Aufgaben im öffentlichen Interesse heranzuziehen, wenn die Verwendung der
Daten für die Wahrnehmung dieser Befugnisse oder Aufgaben erforderlich ist.
(10) Die Regulierungsbehörde ist ermächtigt, Datenaustauschabkommen mit Regulierungsbehörden
anderer Mitgliedstaaten abzuschließen und hierdurch gewonnene Daten zu Zwecken der in Abs. 1
genannten Aufgaben zu verwenden. Die Regulierungsbehörde ist betreffend die übermittelten Daten an
den gleichen Grad der Vertraulichkeit gebunden wie die Auskunft erteilende Behörde.