§ 123
Netzentwicklungsplan für das Übertragungsnetz
📜 Gesetzestext
(1) Die Übertragungsnetzbetreiber haben der Regulierungsbehörde in ungeraden
Kalenderjahren gemeinsam einen zehnjährigen Netzentwicklungsplan für das Übertragungsnetz zur
Genehmigung vorzulegen, der sich auf die aktuelle Lage und die Prognosen im Bereich von Angebot und
Nachfrage stützt.
(2) Ziel und Zweck des Netzentwicklungsplans ist insbesondere:
- den Marktteilnehmern Angaben darüber zu liefern, welche wichtigen Übertragungsinfrastrukturen in den nächsten zehn Jahren errichtet oder ausgebaut werden müssen;
- alle bereits beschlossenen Investitionen aufzulisten und die neuen Investitionen inklusive einer Priorisierung und einer Darstellung wechselseitiger Abhängigkeiten zu bestimmen, die in den nächsten drei Jahren durchgeführt werden müssen;
- einen Zeitplan für alle Investitionsprojekte vorzugeben;
- über den in Z 1 genannten Zeitraum hinaus einen strategischen Ausblick über die voraussichtliche weitere Netzentwicklung zu geben;
- die Deckung der Nachfrage an Leitungskapazitäten zur Versorgung der Endkundinnen und Endkunden unter Berücksichtigung von Notfallszenarien;
- ein hohes Maß an Verfügbarkeit der Leitungskapazität (Versorgungssicherheit der Infrastruktur) zu erzielen;
- der Nachfrage nach Leitungskapazitäten zur Erreichung des Mindestwerts an Übertragungskapazität gemäß Art. 16 Abs. 8 der Verordnung (EU) 2019/943 nachzukommen;
- dem Anspruch verstärkter Transparenz bei Netzbetrieb und -ausbau nachzukommen.
(3) Bei der Erarbeitung des Netzentwicklungsplans haben Übertragungsnetzbetreiber
- die erwartete Entwicklung der Erzeugung und des Verbrauchs insbesondere unter Berücksichtigung der Ziele des EAG,
- den Stromaustausch mit anderen Ländern,
- die Investitionspläne für unionsweite Netze gemäß Art. 30 Abs. 1 lit. b der Verordnung
(EU) 2019/943 und für regionale Netze gemäß Art. 34 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2019/943,
4. das Potenzial der Nutzung von Laststeuerungs- und Energiespeicheranlagen oder anderen
Ressourcen als Alternative zum Netzausbau sowie geeignete Standorte für einen
systemdienlichen Betrieb von Energiespeicheranlagen und Stromerzeugungsanlagen und
5. die Möglichkeit der Verkabelung von Hochspannungsleitungen mit einer Nennspannung von
110 kV
zu berücksichtigen. Die Verkabelung gemäß Z 5 ist umzusetzen, wenn ein Mehrkostenfaktor für die
Errichtung und den Betrieb von Erdkabeln von 1,8 nicht überschritten wird. Der Mehrkostenfaktor ist
nach einer von der Regulierungsbehörde festgelegten Methode zu berechnen.
(4) Der Netzentwicklungsplan hat wirksame Maßnahmen zur Gewährleistung der Angemessenheit
des Netzes und der Erzielung eines hohen Maßes an Verfügbarkeit der Leitungskapazität
(Versorgungssicherheit der Infrastruktur) zu enthalten.
(5) Übertragungsnetzbetreiber haben bei der Erstellung des Netzentwicklungsplans die technischen
und wirtschaftlichen Zweckmäßigkeiten bei schrittweisem, bedarfsgerechtem und Kosten-Nutzen
optimiertem Netzausbau zu berücksichtigen und diese in ihrem Umsetzungszeitplan gemäß der
Wirksamkeit und betrieblichen Notwendigkeit und im Hinblick auf wechselseitige Abhängigkeiten der
Maßnahmen zu priorisieren. Dies setzt insbesondere voraus, dass der Neubau von elektrischen
Leitungsanlagen erst dann in Betracht gezogen wird, wenn die bestehenden elektrischen Leitungsanlagen
ausreichend optimiert oder angemessene Verstärkungs- und Erweiterungsmaßnahmen durchgeführt
wurden.
(6) Übertragungsnetzbetreiber haben bei der Erstellung des Netzentwicklungsplans die technischen
und wirtschaftlichen Zweckmäßigkeiten, die Interessen aller Marktteilnehmer sowie die Kohärenz mit
- dem unionsweiten Netzentwicklungsplan,
- dem gemäß der Verordnung (EU) 2018/1999 vorgelegten nationalen Energie- und Klimaplan,
- dem integrierten Netzinfrastrukturplan gemäß § 94 EAG, insbesondere der Darstellung gemäß § 94 Abs. 3 Z 5 EAG,
- den Netzentwicklungsplänen der Verteilernetzbetreiber gemäß § 118 sowie
- dem koordinierten Netzentwicklungsplan gemäß § 63 des Gaswirtschaftsgesetzes 2011
(GWG 2011), BGBl. I Nr. 107/2011, und der langfristigen und integrierten Planung gemäß
§ 22 GWG 2011
zu berücksichtigen.
(7) Vor Einbringung des Antrags auf Genehmigung haben die Übertragungsnetzbetreiber den
Netzentwicklungsplan gemeinsam einer öffentlichen Konsultation zu unterziehen.
(8) In der Begründung des Antrags auf Genehmigung des Netzentwicklungsplans haben die
Übertragungsnetzbetreiber, insbesondere bei konkurrierenden Vorhaben zur Errichtung, Erweiterung,
Änderung oder dem Betrieb von Leitungsanlagen, die technischen und wirtschaftlichen Gründe für die
Befürwortung oder Ablehnung einzelner Vorhaben darzustellen und die Beseitigung von Netzengpässen
anzustreben.
(9) Alle Marktteilnehmer haben den Übertragungsnetzbetreibern auf deren schriftliches Verlangen
die für die Erstellung des Netzentwicklungsplans erforderlichen Daten, insbesondere Grundlagendaten,
Verbrauchsprognosen, Änderungen der Netzkonfiguration, Messwerte und technische sowie sonstige
relevante Projektunterlagen zu geplanten Anlagen, die errichtet, erweitert, geändert oder betrieben werden
sollen, innerhalb angemessener Frist, aber zumindest einmal pro Jahr, zur Verfügung zu stellen.
Marktteilnehmer, die planen, Anlagen mit einer Kapazität von zumindest 1 MW zu errichten, erweitern
oder zu ändern, müssen die für die Erstellung des Netzentwicklungsplans erforderlichen Daten
(insbesondere Daten zum Projektstatus) einmal jährlich an die Übertragungsnetzbetreiber übermitteln.
Sofern dies technisch möglich ist, ist für die Übermittlung der Daten an die Übertragungsnetzbetreiber die
über deren Website zur Verfügung gestellte Plattform zu verwenden. Übertragungsnetzbetreiber können
unabhängig davon zusätzlich andere Daten heranziehen, die für den Netzentwicklungsplan zweckmäßig
sind.