§ 143
Anzeigepflichten und Systemanalyse
📝 Zusammenfassung
Betreiber von Erzeugungsanlagen mit einer Engpassleistung von mehr als 20 MW müssen bis zum 30. September die geplanten Stilllegungen (temporär, saisonal oder endgültig) für das nächste Kalenderjahr dem Regelzonenführer melden. Der Regelzonenführer hat bis zum 1. Dezember eine Systemanalyse durchzuführen, um den Bedarf an flexibler Leistung ab dem 1. Oktober des Folgejahres zu bestimmen und die Netz- und Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Wichtige Details
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Anzeige der Stilllegungen
* Muss bis 30. September erfolgen.
* Enthält Beginn, voraussichtliche Dauer, Vorlaufzeit für Wiederinbetriebnahme.
* Gibt an, ob die Stilllegung rechtlich, technisch oder betriebswirtschaftlich erfolgt. -
Systemanalyse des Regelzonenführers
* Frist: bis 1. Dezember.
* Ziel: Bedarf an flexibler Leistung ab 1. Oktober des Folgejahres.
* Analyse muss netztechnisch relevante Situationen identifizieren, die die Versorgungssicherheit gemäß § 5 Abs. 1 Z 6 gefährden könnten.
* Alle technisch möglichen kurz‑ und mittelfristigen betrieblichen Maßnahmen werden definiert und bewertet.
* Ergebnisse der Flexibilitätsbewertung (§ 150) sind einzubeziehen.
* Analyse kann für mehrere Jahre durchgeführt werden, wenn sie mit der Regulierungsbehörde abgestimmt ist. -
Methode und Daten
* Der Regelzonenführer reicht bei Aufforderung einen Entwurf der Methode, der benötigten Eingangsdaten und Szenarien zur Genehmigung ein.
* Die Methode muss:- rechengestützte Analyse mit Variation der Eingangsdaten enthalten.
- Ex‑Post‑Analyse der Engpassmanagementabrufe des Vorjahres berücksichtigen.
- Ergebnisse des Netzreserven‑Monitorings und des Evaluierungsplans (Art. 108 Abs. 3 AEUV) einbeziehen.
* Die Regulierungsbehörde legt die Methode nach Konsultation mit allen Marktteilnehmern fest.
* Änderungen der Methode können vom Regelzonenführer eingereicht werden; die Behörde kann auch Änderungen verlangen.
* Bei kurzfristiger Änderung kann die Behörde einen Bescheid ohne vorheriges Konsultationsverfahren erlassen.
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Eingangsdaten und Szenarien
* Der Regelzonenführer reicht bis 30. September einen Entwurf der Daten/Annahmen ein.
* Daten müssen für die Untersuchung kritischer Situationen geeignet sein und orientieren sich am Netzentwicklungsplan (§ 123), der Angemessenheitsabschätzung (§ 149) und der Flexibilitätsbewertung (§ 150).
* Die Regulierungsbehörde legt die endgültigen Daten/Annahmen fest.
* Bei wesentlichen, unvorhersehbaren Änderungen kann eine neue Beurteilung erforderlich sein; der Regelzonenführer kann Änderungen einreichen, die Behörde kann ebenfalls verlangen. -
Verfahrensführung
* Der Regelzonenführer muss bei der Ausarbeitung der Methode und der Daten mitwirken und der Behörde Zugang zu allen erforderlichen Daten gewähren.
* Die Regulierungsbehörde kann angemessene Fristen setzen.
* Nach Fristablauf sind schriftliche oder mündliche Ergänzungen nicht mehr zu berücksichtigen.
* Eine Beschwerde gegen einen Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung, es sei denn, die beschwerdeführende Partei beantragt und die Behörde erkennt die Wirkung an, wenn keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegenstehen. -
Veröffentlichung
* Die Systemanalyse wird nach Fertigstellung der Regulierungsbehörde und des Bundesministers für Wirtschaft, Energie und Tourismus vorgelegt.
* Ergebnisse, Annahmen, Parameter, Szenarien und Methoden werden nach abgeschlossener Kontrahierung gemäß § 144 Abs. 7 in Abstimmung mit der Regulierungsbehörde veröffentlicht.
Ausnahmen/Besonderheiten
- Bei kurzfristiger, unerlässlicher Änderung der Methode oder der Eingangsdaten kann die Regulierungsbehörde einen Bescheid ohne Konsultationsverfahren erlassen.
- Die Regelungen gelten nur für Anlagen mit Engpassleistung > 20 MW; kleinere Anlagen sind davon ausgenommen.
Unklare Formulierungen
- Die genaue Definition von „temporärer, saisonaler und endgültiger Stilllegung“ ist nicht präzisiert; Betreiber müssen jedoch die Art der Stilllegung angeben.
- Die Formulierung „netztechnisch relevante Situationen“ könnte unterschiedlich interpretiert werden; die Analyse muss jedoch potenzielle Gefährdungen der Versorgungssicherheit berücksichtigen.
Querverweise
- § 5 Abs. 1 Z 6 – definiert die Netz- und Versorgungssicherheit.
- § 123 – Netzentwicklungsplan, Grundlage für Szenarien.
- § 149 – Angemessenheitsabschätzung der Ressourcen.
- § 150 – Bewertung des Flexibilitätsbedarfs.
- § 144 Abs. 7 – Regelungen zur Veröffentlichung von Analyseergebnissen.
- Art. 108 Abs. 3 AEUV – Verpflichtung Österreichs zur Erstellung eines Evaluierungsplans gegenüber der EU-Kommission.
📜 Gesetzestext
(1) Betreiber von Erzeugungsanlagen mit einer Engpassleistung von mehr als 20 MW sind
verpflichtet, jährlich bis 30. September temporäre, temporäre saisonale und endgültige Stilllegungen ihrer
Anlage oder von Teilkapazitäten ihrer Anlage für den Zeitraum ab 1. Oktober des darauffolgenden
Kalenderjahres dem Regelzonenführer verbindlich anzuzeigen. Die Anzeige hat den Zeitpunkt des
Beginns und die voraussichtliche Dauer der Stilllegung und die Vorlaufzeit für eine allfällige
Wiederinbetriebnahme verpflichtend zu enthalten. Ebenso ist anzugeben, ob und inwieweit die
Stilllegung aus rechtlichen, technischen oder betriebswirtschaftlichen Gründen erfolgt.
(2) Der Regelzonenführer hat bis 1. Dezember jedes Jahres auf Basis der Methode gemäß Abs. 3 und
den Eingangsdaten beziehungsweise Szenarien gemäß Abs. 4 eine Systemanalyse durchzuführen, um
festzustellen, welcher Bedarf an flexibler Leistung für das Engpassmanagement im Übertragungsnetz ab
- Oktober des Folgejahres erforderlich ist. In der Systemanalyse ist festzustellen, welche netztechnisch relevanten Situationen auftreten können, die die Netz- und Versorgungssicherheit gemäß § 5 Abs. 1 Z 6 gefährden könnten. Überdies sind alle technisch möglichen und üblicherweise verfügbaren kurz- und mittelfristigen betrieblichen Maßnahmen, die den Systembetrieb in besonders kritischen Situationen unterstützen können, zu definieren und zu bewerten. Aus diesen Erkenntnissen hat der Regelzonenführer insbesondere den Bedarf an flexibler Leistung, der ab dem 1. Oktober des Folgejahres erforderlich ist, abzuleiten und dabei die Ergebnisse der Bewertung des Flexibilitätsbedarfs gemäß § 150 zu berücksichtigen. Der Bedarf an flexibler Leistung ist mindestens für den Betrachtungszeitraum eines Jahres festzustellen. In Abstimmung mit der Regulierungsbehörde kann die Systemanalyse für einen mehrjährigen Zeitraum durchgeführt werden.
(3) Der Regelzonenführer hat den Entwurf einer Methode zur Durchführung der Systemanalyse
sowie die Art der notwendigen Eingangsdaten und Annahmen für Szenarien auf Aufforderung bei der
Regulierungsbehörde zur Genehmigung einzureichen. Die Methode hat insbesondere sicherzustellen, dass
bei der Systemanalyse
- eine rechengestützte Analyse unter Variation der Eingangsdaten durchgeführt wird;
- die Erkenntnisse einer Ex-Post-Analyse über die Entwicklungen und Häufigkeit der Engpassmanagementabrufe des Vorjahres berücksichtigt werden und
- den Ergebnissen des Monitorings der Netzreserve durch die Regulierungsbehörde sowie den Zwischenberichten des Evaluierungsplans, zu denen sich die Republik Österreich im Verfahren gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV gegenüber der Europäischen Kommission verpflichtet hat und die unter Mitwirkung der Regulierungsbehörde und des Regelzonenführers zu erstellen sind, Rechnung getragen wird. Die Regulierungsbehörde hat, nach Durchführung eines Konsultationsverfahrens mit allen relevanten Marktteilnehmern, die Methode mit Bescheid an den Regelzonenführer festzulegen. Der Regelzonenführer kann einen Entwurf für eine Änderung der festgelegten Methode bei der Regulierungsbehörde einreichen. Die Regulierungsbehörde kann auch die Vorlage eines Entwurfs zur Änderung der Methode verlangen. Im Falle einer Änderung der Methode ist eine angemessene Vorlaufzeit für die Erstellung der Systemanalyse sicherzustellen. Ist eine kurzfristige Änderung der Methode unerlässlich, ist die Behörde berechtigt, einen Bescheid ohne vorausgegangenes Konsultationsverfahren und mit vereinfachter Begründung zu erlassen.
(4) Der Regelzonenführer hat jährlich vor dem Beginn der Erstellung der Systemanalyse für das
Folgejahr auf Aufforderung und jedenfalls bis 30. September einen Entwurf für sämtliche in der Methode
gemäß Abs. 3 festgelegten sowie technisch sinnvollen Eingangsdaten bzw. Annahmen für Szenarien bei
der Regulierungsbehörde einzureichen. Die Eingangsdaten bzw. Annahmen für Szenarien müssen zur
Untersuchung von kritischen energiewirtschaftlichen und netztechnischen Situationen geeignet sein und
haben sich am Netzentwicklungsplan für das Übertragungsnetz gemäß § 123, an der Abschätzung der
Angemessenheit der Ressourcen gemäß § 149 sowie der Bewertung des Flexibilitätsbedarfs gemäß § 150
zu orientieren. Die Regulierungsbehörde hat die Eingangsdaten und Annahmen für Szenarien, die für die
Durchführung der Systemanalyse heranzuziehen sind, mit Bescheid an den Regelzonenführer festzulegen.
Macht eine wesentliche, unvorhersehbare und nicht beeinflussbare Änderung der Rahmenbedingungen
eine neue Beurteilung erforderlich, kann der Regelzonenführer einen Entwurf für eine Änderung der
festgelegten
Eingangsdaten
und
Szenarien
bei
der
Regulierungsbehörde
einreichen.
Die
Regulierungsbehörde kann in diesem Fall auch die Vorlage eines Entwurfs zur Änderung der
Eingangsdaten und Szenarien verlangen. Ist die kurzfristige Änderung der festgelegten Eingangsdaten
und Szenarien erforderlich, ist die Behörde berechtigt, einen Bescheid mit vereinfachter Begründung zu
erlassen.
(5) Der Regelzonenführer hat in diesen Verfahren die Pflicht, an der Ausarbeitung der Methode
sowie der Identifikation der Eingangsdaten und Szenarien nach besten Kräften mitzuwirken und der
Behörde dazu insbesondere Zugriff auf alle für die Festlegung der Methode sowie der Eingangsdaten und
Szenarien erforderlichen Daten zu gewähren. Zur effizienten Verfahrensführung kann die
Regulierungsbehörde angemessene Fristen für das Vorbringen sowie die Vorlage der angeforderten
Informationen setzen. Schriftliche und mündliche Vorbringen und Ergänzungen zum Vorbringen, die
nach Fristablauf erstattet werden, sind im weiteren Verfahren nicht zu berücksichtigen. Einer Beschwerde
gegen einen Bescheid gemäß den Abs. 3 und 4 kommt keine aufschiebende Wirkung zu. Die Behörde hat
jedoch auf Antrag der beschwerdeführenden Partei die aufschiebende Wirkung mit Bescheid
zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der
berührten öffentlichen Interessen mit der Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten
Berechtigung für die beschwerdeführende Partei ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
(6) Die Systemanalyse ist nach Fertigstellung der Regulierungsbehörde und dem Bundesminister für
Wirtschaft, Energie und Tourismus vorzulegen. Die Ergebnisse der Analyse sowie die dieser zugrunde
liegenden Annahmen, Parameter, Szenarien und Methoden sind nach abgeschlossener Kontrahierung
gemäß § 144 Abs. 7 in Abstimmung mit der Regulierungsbehörde zu veröffentlichen. Der
Regelzonenführer hat auf Grundlage des in der Systemanalyse festgestellten Bedarfs an flexibler Leistung
gemäß Abs. 2 und der angezeigten Stilllegungen gemäß Abs. 1 den zu beschaffenden Netzreservebedarf
unter Berücksichtigung der Festlegungen in der Methode gemäß Abs. 3 zu ermitteln.