§ 162
Gleichbehandlungsprogramm
📝 Zusammenfassung
Die unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) müssen ein Gleichbehandlungsprogramm erstellen, das Maßnahmen gegen diskriminierendes Verhalten festlegt, und einen unabhängigen Gleichbehandlungsbeauftragten ernennen, der die Umsetzung überwacht und regelmäßig berichtet.
Wichtige Details
-
Gleichbehandlungsprogramm
* Enthält konkrete Maßnahmen gegen Diskriminierung.
* Legt Pflichten der Beschäftigten zur Erreichung der Ziele fest.
* Muss von der Regulierungsbehörde genehmigt werden. -
Gleichbehandlungsbeauftragter
* Wird vom Aufsichtsorgan ernannt, muss jedoch von der Regulierungsbehörde bestätigt werden (nur bei mangelnder Unabhängigkeit oder fachlicher Eignung kann die Bestätigung verweigert werden).
* Kann natürliche, juristische oder eingetragene Personengesellschaft sein.
* § 160 Abs. 1‑3 gelten gleichermaßen für ihn. -
Aufgaben des Beauftragten
* Kontinuierliche Kontrolle des Programms.
* Erarbeitung eines Jahresberichts und Übermittlung an die Regulierungsbehörde.
* Berichterstattung an das Aufsichtsorgan und Abgabe von Empfehlungen.
* Meldung erheblicher Verstöße an die Regulierungsbehörde.
* Bericht über kommerzielle und finanzielle Beziehungen zwischen dem vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmen (VIEU) und dem ÜNB.
* Übermittlung von Investitionsentscheidungen (Investitionsplan oder Einzelinvestitionen) an die Regulierungsbehörde, spätestens wenn die Unternehmensleitung diese Unterlagen dem Aufsichtsorgan übermittelt.
* Meldung an die Regulierungsbehörde, wenn das VIEU in der Hauptversammlung oder durch ein Votum der Aufsichtsgremien die Annahme eines Beschlusses verhindert, wodurch geplante Netzinvestitionen in den nächsten drei Jahren unterbunden oder hinausgezögert werden.
* Regelmäßige mündliche oder schriftliche Berichte an die Regulierungsbehörde und das Aufsichtsorgan.
* Teilnahme an allen Sitzungen der Unternehmensleitung, des Aufsichtsorgans und der Hauptversammlung/Generalversammlung, insbesondere zu Themen wie Netzzugangsbedingungen, Investitionsprojekte und Energiehandel.
* Kontrolle der Einhaltung von § 153 durch den ÜNB. -
Mandat und Arbeitsbedingungen
* Mandat, Beschäftigungsbedingungen und Ressourcen müssen von der Regulierungsbehörde genehmigt werden.
* Unabhängigkeit muss gewährleistet sein; während des Mandats darf der Beauftragte weder direkte noch indirekte berufliche Positionen bei Teilen des VIEU oder deren Mehrheitsanteilseignern innehaben, noch Interessensbeziehungen zu ihnen pflegen. -
Zugang und Abberufung
* Der Beauftragte hat ungehinderten Zugang zu allen relevanten Daten, Geschäftsräumen und Informationen des ÜNB.
* Das Aufsichtsorgan kann den Beauftragten nur mit bescheidmäßiger Zustimmung der Regulierungsbehörde abberufen, z. B. bei mangelnder Unabhängigkeit oder fachlicher Eignung. -
Kündigungs‑ und Entlassungsschutz
* Für die Dauer der Bestellung gilt der Beauftragte für die Beschäftigten des ÜNB als Sicherheitsfachkraft gemäß § 73 Abs. 1 ASchG.
Ausnahmen/Besonderheiten
- Der Beauftragte darf keine Positionen bei Teilen des VIEU oder deren Mehrheitsanteilseignern innehaben.
- Bei Verzögerungen oder Unterbrechungen von Netzinvestitionen, die durch Beschlüsse des VIEU verhindert werden, meldet der Beauftragte dies an die Regulierungsbehörde, die dann gemäß § 125 tätig wird.
Querverweise
- § 125 – Reaktion der Regulierungsbehörde bei Verzögerungen von Netzinvestitionen.
- § 160 Abs. 1‑3 – Regelungen zur Unabhängigkeit und fachlichen Eignung des Beauftragten.
- § 153 – Vorgaben, die der Beauftragte kontrolliert.
- § 73 Abs. 1 ASchG – Kündigungs‑ und Entlassungsschutz für den Beauftragten.
Unklarheiten
Die Formulierung „unabhängige Kontrolle“ könnte in der Praxis unterschiedlich ausgelegt werden; die genaue Ausgestaltung der Unabhängigkeit des Beauftragten ist jedoch durch die Genehmigung der Regulierungsbehörde und die Verweigerung bei mangelnder Unabhängigkeit geregelt.
📜 Gesetzestext
(1) Die unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber müssen ein Gleichbehandlungsprogramm
aufstellen, aus dem hervorgeht, welche Maßnahmen zum Ausschluss diskriminierenden Verhaltens
getroffen werden. In dem Gleichbehandlungsprogramm ist festzulegen, welche besonderen Pflichten die
Beschäftigten im Hinblick auf die Erreichung dieser Ziele haben. Das Programm bedarf der
Genehmigung durch die Regulierungsbehörde. Die Einhaltung des Programms wird von einer oder einem
Gleichbehandlungsbeauftragten unabhängig kontrolliert.
(2) Die oder der Gleichbehandlungsbeauftragte wird vom Aufsichtsorgan ernannt, vorbehaltlich der
Bestätigung durch die Regulierungsbehörde mit Bescheid. Die Regulierungsbehörde kann der Ernennung
der oder des Gleichbehandlungsbeauftragten ihre Bestätigung nur aus Gründen mangelnder
Unabhängigkeit oder mangelnder fachlicher Eignung mit Bescheid verweigern. Die oder der
Gleichbehandlungsbeauftragte kann eine natürliche oder juristische Person oder eingetragene
Personengesellschaft sein. § 160 Abs. 1 bis 3 findet auf die Gleichbehandlungsbeauftragte oder den
Gleichbehandlungsbeauftragten gleichermaßen Anwendung.
(3) Die Aufgaben der oder des Gleichbehandlungsbeauftragten sind:
- fortlaufende Kontrolle der Durchführung des Gleichbehandlungsprogramms;
- Erarbeitung eines Jahresberichts, in dem die Maßnahmen zur Durchführung des Gleichbehandlungsprogramms dargelegt werden, und dessen Übermittlung an die Regulierungsbehörde;
- Berichterstattung an das Aufsichtsorgan und Abgabe von Empfehlungen zum Gleichbehandlungsprogramm und seiner Durchführung;
- Unterrichtung der Regulierungsbehörde über erhebliche Verstöße bei der Durchführung des Gleichbehandlungsprogramms;
- Berichterstattung an die Regulierungsbehörde über kommerzielle und finanzielle Beziehungen zwischen dem vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmen und dem Übertragungsnetzbetreiber.
(4) Die oder der Gleichbehandlungsbeauftragte übermittelt die vorgeschlagenen Entscheidungen
zum Investitionsplan oder zu Einzelinvestitionen im Netz an die Regulierungsbehörde. Dies erfolgt
spätestens dann, wenn die Unternehmensleitung des unabhängigen Übertragungsnetzbetreibers diese
Unterlagen dem Aufsichtsorgan übermittelt.
(5) Hat das vertikal integrierte Elektrizitätsunternehmen in der Hauptversammlung oder durch ein
Votum der von ihm ernannten Mitglieder des Aufsichtsorgans die Annahme eines Beschlusses verhindert,
wodurch Netzinvestitionen, die nach dem Netzentwicklungsplan in den folgenden drei Jahren
durchgeführt werden sollten, unterbunden oder hinausgezögert werden, so meldet die oder der
Gleichbehandlungsbeauftragte dies der Regulierungsbehörde, die dann gemäß § 125 tätig wird.
(6) Die Regelungen zum Mandat und zu den Beschäftigungsbedingungen der oder des
Gleichbehandlungsbeauftragten, einschließlich der Dauer des Mandats, bedürfen der Genehmigung durch
die Regulierungsbehörde mit Bescheid. Diese Regelungen müssen die Unabhängigkeit der oder des
Gleichbehandlungsbeauftragten gewährleisten und entsprechend sicherstellen, dass ihr oder ihm die zur
Erfüllung der Aufgaben erforderlichen Ressourcen zur Verfügung stehen. Die oder der
Gleichbehandlungsbeauftragte darf während der Laufzeit des Mandats bei Unternehmensteilen des
vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmens oder deren Mehrheitsanteilseignern weder direkt noch
indirekt
berufliche
Positionen
bekleiden
oder
berufliche
Aufgaben
wahrnehmen
oder
Interessensbeziehungen zu ihnen unterhalten.
(7) Die oder der Gleichbehandlungsbeauftragte erstattet der Regulierungsbehörde regelmäßig
mündlich oder schriftlich Bericht und ist befugt, dem Aufsichtsorgan des Übertragungsnetzbetreibers
regelmäßig mündlich oder schriftlich Bericht zu erstatten.
(8) Die oder der Gleichbehandlungsbeauftragte ist berechtigt, an allen Sitzungen der
Unternehmensleitung des unabhängigen Übertragungsnetzbetreibers sowie des Aufsichtsorgans und der
Hauptversammlung
bzw.
Generalversammlung
teilzunehmen.
Die
oder
der
Gleichbehandlungsbeauftragte nimmt an allen Sitzungen teil, in denen folgende Fragen behandelt
werden:
- Netzzugangsbedingungen nach Maßgabe der Verordnung (EU) 2019/943, insbesondere Entgelte, Leistungen im Zusammenhang mit dem Zugang Dritter, Kapazitätszuweisung und Engpassmanagement, Transparenz, Systemdienstleistungen und Sekundärmärkte;
- Projekte für den Betrieb, die Wartung und den Ausbau des Übertragungsnetzes, einschließlich der Investitionen für den Netzanschluss, in neue Transportverbindungen, in die Kapazitätsausweitung und in die Optimierung der vorhandenen Kapazität;
- Verkauf oder Erwerb von Energie für den Betrieb des Übertragungsnetzes.
(9) Die oder der Gleichbehandlungsbeauftragte kontrolliert die Einhaltung des § 153 durch den
unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber.
(10) Die oder der Gleichbehandlungsbeauftragte hat Zugang zu allen einschlägigen Daten und zu
den Geschäftsräumen des unabhängigen Übertragungsnetzbetreibers sowie zu allen Informationen, die sie
oder er zur Erfüllung der übertragenen Aufgaben benötigt. Die oder der Gleichbehandlungsbeauftragte
erhält
ohne
Vorankündigung
Zugang
zu
den
Geschäftsräumen
des
unabhängigen
Übertragungsnetzbetreibers.
(11) Nach vorheriger bescheidmäßiger Zustimmung der Regulierungsbehörde kann das
Aufsichtsorgan die Gleichbehandlungsbeauftragte oder den Gleichbehandlungsbeauftragten abberufen.
Eine Abberufung hat auch auf bescheidmäßiges Verlangen der Regulierungsbehörde aus Gründen
mangelnder Unabhängigkeit oder mangelnder fachlicher Eignung zu erfolgen.
(12)
Im
Hinblick
auf
den
Kündigungs-
und
Entlassungsschutz
ist
die
oder
der
Gleichbehandlungsbeauftragte
für
die
Dauer
der
Bestellung,
wenn
sie
oder
er
beim
Übertragungsnetzbetreiber beschäftigt ist, einer Sicherheitsfachkraft (§ 73 Abs. 1 ASchG) gleichgestellt.