§ 164
Verfahren zur Zertifizierung und Benennung von Übertragungsnetzbetreibern
📝 Zusammenfassung
Der Regulierungsbehörde ist die Aufgabe, die Einhaltung der Entflechtungsvorschriften (§§ 154‑163) ständig zu überwachen und Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) per Bescheid zu zertifizieren. Dabei kann ein Betreiber als eigentumsrechtlich entflocht, als unabhängiger Netzbetreiber, als unabhängiger Übertragungsnetzbetreiber oder einfach als ÜNB bezeichnet werden.
Wichtige Details
-
Zertifizierungsverfahren
- Antrag: Ein ÜNB muss einen Antrag stellen, wenn er noch nicht zertifiziert ist.
- Von Amts wegen: Die Behörde kann das Verfahren einleiten, wenn kein Antrag gestellt wird oder wenn Änderungen geplant sind, die eine Neubewertung erfordern und gegen die Entflechtung verstoßen könnten.
- Anzeige der Europäischen Kommission: Die Kommission kann ebenfalls ein Verfahren anstoßen. -
Pflichten des ÜNB
- Antrag unverzüglich stellen.
- Alle geplanten Änderungen, die eine Neubewertung nötig machen, unverzüglich anzeigen.
- Alle erforderlichen Unterlagen beifügen. -
Entscheidungsfristen
- Die Behörde hat 4 Monate ab Einleitung des Verfahrens oder ab Vorliegen aller Unterlagen an die Kommission, um einen begründeten Entscheidungsentwurf zu erstellen.
- Nach Erhalt der Stellungnahme der Kommission muss die Behörde innerhalb von 2 Monaten mit Bescheid über die Zertifizierung entscheiden. -
Abweichungen
- Bei Verfahren gemäß Abs. 1 Z 2 muss die Behörde der Entscheidung der Kommission folgen.
- Bei Verfahren gemäß Abs. 1 Z 4 prüfen Behörde und Kommission, ob die bestehenden Regelungen eine wirksamere Unabhängigkeit gewährleisten. Die Entscheidung der Kommission ist bindend. -
Dokumentation und Veröffentlichung
- Alle Kontakte mit der Kommission sind ausführlich zu dokumentieren.
- Der Feststellungsbescheid (inkl. Begründung) ist zu veröffentlichen; wirtschaftlich sensible Informationen sind unkenntlich zu machen.
- Die Stellungnahme der Kommission wird veröffentlicht, sofern sie nicht bereits im Bescheid wiedergegeben ist. -
Informationspflicht
- ÜNB sowie Erzeuger und Lieferanten müssen der Behörde und der Kommission sämtliche relevanten Informationen unverzüglich übermitteln. -
Benennung
- Nach Zertifizierung erfolgt die Benennung des ÜNB durch Kundmachung des Bundesministers im Bundesgesetzblatt.
- Der Minister teilt der Kommission die Benennung mit.
- Für unabhängige Netzbetreiber (Abs. 1 Z 2 und 4) ist vorab die Zustimmung der Kommission erforderlich.
- Bei Verstoß gegen die Entflechtungsvorschriften kann die Benennung widerrufen werden.
Ausnahmen/Besonderheiten
- Die Kommission kann bei bestimmten Verfahren (Z 2, Z 4) die endgültige Entscheidung übernehmen.
- Die Benennung von unabhängigen Netzbetreibern bedarf der Zustimmung der Kommission.
- Bei Verstoß gegen Entflechtungsvorschriften wird die Benennung widerrufen.
- Veröffentlichung von Bescheiden erfolgt mit Unkenntlichmachung sensibler Daten.
Unklare Formulierungen
- Der Begriff „Entflechtungsvorschriften“ ist allgemein gehalten; die genaue Auslegung erfolgt in den §§ 154‑163.
- Die Unterscheidung zwischen „unabhängiger Netzbetreiber“ und „unabhängiger Übertragungsnetzbetreiber“ könnte für Außenstehende verwirrend sein.
Querverweise
- § 154‑163: Entflechtungsvorschriften, die die Grundlage für die Zertifizierung bilden.
- § 155‑157, § 158‑162, § 163: Definitionen der verschiedenen Betreibertypen.
- Art. 51 Verordnung (EU) 2019/943: Regelungen zur Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission.
Damit ist § 164 klar strukturiert: die Regulierungsbehörde überwacht, zertifiziert, dokumentiert und veröffentlicht, während der ÜNB und die Kommission ihre jeweiligen Pflichten erfüllen.
📜 Gesetzestext
(1) Der Regulierungsbehörde obliegt die ständige Überwachung der Einhaltung der
Entflechtungsvorschriften (§§ 154 bis 163). Sie hat einen Übertragungsnetzbetreiber mittels Bescheid zu
zertifizieren
- als eigentumsrechtlich entflochtenen Übertragungsnetzbetreiber im Sinne des § 154 oder
- als unabhängigen Netzbetreiber im Sinne der § 155 bis § 157 oder
- als unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber im Sinne der § 158 bis § 162 oder
- als Übertragungsnetzbetreiber im Sinne des § 163.
(2) Ein Zertifizierungsverfahren ist einzuleiten
- über Antrag eines Übertragungsnetzbetreibers gemäß Abs. 3 Z 1;
- von Amts wegen, wenn
- ein Übertragungsnetzbetreiber keinen Antrag auf Zertifizierung gemäß Abs. 3 Z 1 stellt oder
- die Regulierungsbehörde Kenntnis von einer geplanten Änderung erlangt, die eine Neubewertung der Zertifizierung erforderlich macht und zu einem Verstoß gegen die Entflechtungsvorschriften führen kann oder bereits geführt hat;
- über Anzeige der Europäischen Kommission.
(3) Der Übertragungsnetzbetreiber ist verpflichtet,
- einen Antrag auf Zertifizierung unverzüglich zu stellen, sofern der Übertragungsnetzbetreiber noch nicht zertifiziert ist, sowie
- der Regulierungsbehörde alle geplanten Änderungen, die eine Neubewertung der Zertifizierung erforderlich machen, unverzüglich anzuzeigen. Der Übertragungsnetzbetreiber hat seinen Eingaben an die Regulierungsbehörde sowie auf deren Ersuchen alle zur Beurteilung des Sachverhaltes erforderlichen Unterlagen beizuschließen.
(4) Die Regulierungsbehörde hat einen begründeten Entscheidungsentwurf binnen vier Monaten ab
Einleitung eines Verfahrens über die Zertifizierung eines Übertragungsnetzbetreibers bzw. ab Vorliegen
der vollständigen Unterlagen des Übertragungsnetzbetreibers an die Europäische Kommission samt den
für die Entscheidung relevanten Unterlagen zu übermitteln. Erfolgt eine Stellungnahme der Europäischen
Kommission, ist diese von der Regulierungsbehörde beim Zertifizierungsverfahren gemäß Abs. 1 Z 1 und
3 so weit wie möglich zu berücksichtigen und ist eine allfällige Abweichung von der Stellungnahme der
Europäischen Kommission zu begründen. Die Regulierungsbehörde hat nach dem Einlangen der
Stellungnahme der Europäischen Kommission binnen zwei Monaten mit Bescheid über den Antrag auf
Zertifizierung zu entscheiden.
(5) In Abweichung von Abs. 4 gilt Folgendes:
- beim Zertifizierungsverfahren gemäß Abs. 1 Z 2 hat die Regulierungsbehörde der Entscheidung der Europäischen Kommission nachzukommen;
- beim Zertifizierungsverfahren gemäß Abs. 1 Z 4 prüfen die Regulierungsbehörde und die Europäische Kommission, ob die bestehenden Regelungen eindeutig eine wirksamere Unabhängigkeit des Übertragungsnetzbetreibers gewährleisten als die Bestimmungen zum unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber (§§ 158 bis 162); die Regulierungsbehörde hat der Entscheidung der Europäischen Kommission nachzukommen.
(6) Die Regulierungsbehörde hat alle im Rahmen des Verfahrens gemäß Art. 51 der Verordnung
(EU) 2019/943 mit der Europäischen Kommission gepflogenen Kontakte ausführlich zu dokumentieren.
Die Dokumentation ist dem Unternehmen, das die Ausstellung der Bescheinigung verlangt hat sowie dem
Bundesminister
für
Wirtschaft,
Energie
und
Tourismus
zur
Kenntnis
zu
bringen.
Der
Feststellungsbescheid ist samt Begründung von der Regulierungsbehörde zu veröffentlichen, wobei
jedoch Stellen, die wirtschaftlich sensible Informationen enthalten, unkenntlich zu machen sind. Die
Stellungnahme der Kommission ist, soweit sie nicht in der Begründung des Feststellungsbescheides
wiedergegeben wird, ebenfalls zu veröffentlichen.
(7) Übertragungsnetzbetreiber und Unternehmen, die eine der Funktionen Erzeugung oder Lieferung
wahrnehmen, sind verpflichtet, der Regulierungsbehörde und der Europäischen Kommission sämtliche
für die Erfüllung ihrer Aufgaben relevanten Informationen unverzüglich zu übermitteln.
(8) Die Benennung eines Übertragungsnetzbetreibers nach erfolgter Zertifizierung gemäß Abs. 1
erfolgt durch Kundmachung durch den Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus im
Bundesgesetzblatt. Der Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus hat die Benennung eines
Übertragungsnetzbetreibers der Europäischen Kommission mitzuteilen, sobald die Regulierungsbehörde
die Zertifizierung eines Übertragungsnetzbetreibers durch Bescheid festgestellt hat. Die Benennung eines
unabhängigen Netzbetreibers gemäß Abs. 1 Z 2 und 4 bedarf vorab der Zustimmung der Europäischen
Kommission. Wenn die Regulierungsbehörde durch Bescheid feststellt, dass die Voraussetzungen für
eine Zertifizierung aufgrund eines Verstoßes gegen die Entflechtungsvorschriften nicht mehr vorliegen,
ist die Benennung durch den Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus durch Kundmachung
zu widerrufen.